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Worte zum 1. August 2020 – 729 Jahre Schweiz

Liebe Einwohner*innen von Davos, liebe Gäste

Wie Sie ja alle wissen und täglich erfahren, bewegen wir uns auch in Davos in einer digitalisierten, visionären und globalisierten Welt und streben, das liegt in der Natur des Menschen, nach immer mehr. Am 13. März in diesem Jahr hingegen wurde das Streben nach immer mehr jäh gestoppt – plötzlich zählten andere Werte und wir erlebten auch dank dieser ausserordentlichen Krisensituation grosse Solidarität. Alle politischen Lager waren sich bezüglich Bedeutung von Grenzkontrollen, Selbstversorgung und Pflichtlager für einmal einig. In dieser Krisensituation hat sich aber auch gezeigt, dass jedes Land sich am nächsten war. Es galt seitens der Regierungen, egal ob auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene, umsichtig zu entscheiden und entschlossen zu handeln. Kein Land hat in Bezug auf wirtschaftliche Hilfen schneller gehandelt als die Schweiz. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass wir gerade als kleines und unabhängiges Land schlagkräftig sind.

Und in dieser Situation stellt sich mir zwangsläufig die Frage, wohin führt uns die Zukunft? Wie sieht diese aus? Wird die Zukunft uns auch weiterhin Wohlstand, Gesundheit und sozialen Frieden sichern? Folgen weitere Pandemien oder müssen wir mit künftigen Wirtschaftskrisen rechnen? Wie gehen wir mit den künftigen Problematiken um?

Wo könnte man besser innehalten und sich diesen Fragen stellen, als hier in Davos mitten in dieser erhabenen und imposanten Bergwelt, im Anblick von Bergkämmen, Schluchten, Seitentäler, Felswänden und Gipfeln, im Anblick des unendlichen Universums, den Sternenhimmel bewundernd, welcher uns auch bewusst erleben lässt, wie klein, verletzlich, ja gar unbedeutend wir sind und uns aber gleichzeitig nicht nur aufgrund unserer Endlichkeit wahre Demut und Bescheidenheit lehrt.

Viele MitbürgerInnen haben mir von ihren besinnlichen und schönen Momenten der 1. Augustfeier erzählt, vom Zählen der Höhefeuer und das gemeinsame Bräteln der Cervelats an einem Feuer auf der Alp, den geselligen Lampionumzügen und den feierlichen Reden.

Alle diese persönlichen Geschichten zeugten von Stolz und Dankbarkeit. Aber auch von einem starken Bewusstsein dafür, woher wir kommen, warum es uns heute gut geht und was die Gründe für unser privilegiertes Leben sind.

Sie alle sind sicherlich auf einer Wanderung in einem der Davoser Seitentäler schon einmal einer mächtigen grossen Arve oder einer Lärche begegnet, deren Wurzeln sich an eine karge Felswand oder am kargen Boden krallte. Vielleicht haben Sie sich im Anblick dieses hoch gewachsenen Baums gefragt, wie es nur möglich ist, dass diese Arve sich so entwickeln konnte: gross, stark, mächtig, beeindruckend und dies trotz widrigsten Umständen. Ohne Wurzeln wäre dies niemals möglich gewesen.

Daher wollte ich von meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern auch wissen, was denn in ihren Augen die Vorzüge Ihres Heimatlands Schweiz sind? Ich war erstaunt, wie deckungsgleich die Aussagen der einzelnen Befragten waren.

Heute, liebe MitbürgerInnen und Mitbürger, liebe Gäste, lebt es sich in der Schweiz und vor allem in Davos gut, ja sogar sehr gut. Wir leben im Wohlstand, sozial abgesichert, in einem politisch stabilen Land, aber auch mit allen Herausforderungen, die sich uns in der Gegenwart und wohl auch in der Zukunft stellen.

Wir werden weiterhin nach noch mehr Innovation, Entwicklung, Gesundheit und Wohlstand streben, um unser Leben in allen Bereichen weiter zu verbessern.

Dass dem so ist, verdanken wir unseren «Wurzeln» und damit jenen Vorfahren, welche sich seit 1291 für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, direkte Demokratie und Föderalismus eingesetzt haben. Dies sind im Übrigen unentbehrliche Qualitäten unseres Landes und zwingen uns zu hinreichender Souveränität, auch in einer komplexen und vernetzten Welt.

Ich bin dezidiert der Meinung, dass dies Qualitäten sind, also im weitesten Sinn der schweizerische Kapitalstock und unsere Fähigkeit, ihn zu bewahren und zu äufnen, die uns global gesehen dermassen attraktiv machen.

Und wie wichtig Demut und Ehrfrucht sind, führt uns gerade dieses Jahr die Covid-19 Pandemie vor Augen. Was will ich Ihnen damit sagen?

Wie die Zukunft aussieht, wissen wir alle nicht. Wir wissen nicht, ob sich unsere grössten Befürchtungen bewahrheiten oder ob wir weiterhin dank Willens- und Schaffenskraft auf Wohlstand und soziale Sicherheit zählen dürfen.

Doch ich bin überzeugt, dass dank des erwähnten schweizerischen Kapitalstocks nirgendwo sonst auf der Welt die Bürgerinnen und Bürger so viel Macht und so viel Verantwortung wie in unserem Land haben.

Genau das gefällt mir an unserer Demokratie: Sie ist mutig. Sie lässt uns die Chance unsere Zukunft selbst zu gestalten.

Die Demokratie traut uns allen viel zu. Denn die Tatsache, dass neben dem Bundesrat und dem Parlament bei uns auch die Bürgerinnen und Bürger Verantwortung tragen, Einfluss nehmen und sich beteiligen – das schafft Nähe und das schafft Identität. Und genau darauf sind wir Menschen angewiesen. Das war schon immer so und ist in den Zeiten der Globalisierung noch stärker geworden.

Leicht wird es künftig sicher nicht. Aber unsere Ausgangslage ist gut. Nebst soliden staatlichen Strukturen verfügen wir über innovative, dynamische Unternehmen, über gut ausgebildete, engagierte Mitarbeitende und über vorteilhafte wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen und eine kaum vergleichbare Qualität der Vorsorge.

Dies sind für mich Gründe welche mich positiv und zuversichtlich in die Zukunft blicken lassen. Mit dem Willen zum Gestalten, dem gemeinsamen Blick nach vorne und auch mit etwas Demut und Gelassenheit.

Lasst uns den heutigen 1. August gebührend feiern, in Dankbarkeit und Würdigung der Leistungen der 729 Jahre Eidgenossenschaft.

Ich wünsche Ihnen einen schönen 1. August!

Grossrätin & Landrätin Valérie Favre Accola, Davos

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